Lupus-Erythematodes-Selbsthilfegruppe Darmstadt



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E-Mail-Anfrage wegen Nierenproblemen und unzureichender medizinischer Versorgung

11.12.2001

In der Hoffnung, dass Sie uns helfen können, schreibe ich Ihnen diese Mail, und bitte Sie um eine Antwort, da es zu diesem Thema (Lupus erythematodes) nicht viele Erfahrungsberichte gibt. Zudem geht es meiner Verwandten psychisch und körperlich sehr schlecht und ich möchte unbedingt etwas unternehmen, um ihr zu helfen. Ich danke Ihnen im Voraus von ganzen Herzen, wenn Sie diese vielleicht etwas längere Mail lesen und hoffe, dass Sie uns mit Ihrer Erfahrung weiterhelfen können.

Vor etwa sechs Wochen hat der Hausarzt meiner Verwandten bei ihr per Bluttest Rheuma diagnostiziert, worauf er sie in die Uniklinik in ... überwies, um dort Näheres festzustellen. Meine Verwandte ist 25 Jahre alt und Mutter eines zweijährigen Sohnes. Ungefähr seit dem Zeitpunkt ihrer Entbindung litt sie häufig unter Gelenkschmerzen und Müdigkeit. Der Hausarzt hatte vor ca. einem Jahr eine Immunschwäche und Anämie diagnostiziert. In den letzten Monaten verstärkten sich die Gelenkschmerzen drastisch, so dass sie beispielsweise an manchen Tagen nicht mehr Autofahren, nicht richtig laufen oder ihrem Kind keine Windel anlegen konnte.

Anfang November hatte sie einen Termin in der Uniklinik. Der Arzt veranlasste einen Bluttest und sagte ihr, sie solle bis zum nächsten Termin in 14 Tagen, bei dem weitere Tests durchgeführt werden sollten, täglich 25 mg Kortison einnehmen. Er vergaß das Kortison zu verschreiben und da meine Verwandte Zweifel hatte, dieses Medikament einzunehmen (negative Nebenwirkungen von Kortison), rief sie erst ca. acht Tage später bei der Klinik an (die Schmerzen hielten an), um sich das Rezept zuschicken zu lassen. Zehn Tage nach dem Termin in der Uniklinik hatte sie dann extreme Schmerzen in beiden Händen, die sehr dick angeschwollen waren, und nachdem die Schmerzen nach ca. 12 Stunden nicht abklangen, fuhren wir in die Notambulanz der Uniklinik, um sie dort untersuchen zu lassen. In dieser Nacht wurden Blut- und Urintests durchgeführt und am Morgen kam die Diagnose: systemischer Lupus erythematodes mit Nierenbeteiligung. Die Blutwerte hatten sich aufgrund des nicht eingenommenen Kortisons drastisch verschlechtert. Die Nierenfunktion hätte sich innerhalb dieser zehn Tage um 50 Prozent reduziert! (Extrem hohe Eiweißabsonderung!) Daraufhin setzte der Arzt die Kortisonmenge auf 50 mg herauf und sie wurde entlassen. Am nächsten Werktag sollte sie in die Rheumaambulanz zur Untersuchung und gesammelten Urin abgeben.

Etwa drei Tage danach wurde ein Bauchultraschall durchgeführt. Der nächste Termin war ungefähr eine Woche später und der sie betreuende Arzt teilte ihr mit, dass sie eine spezielle Nierenuntersuchung durchführen müsse, um genauere Ergebnisse zu erhalten und eine Therapie zu starten. Der Arzt schickte sie auf die Nephrologie, wo sie einen Termin vereinbaren sollte. Eine Woche später sollte der Eingriff dann stattfinden und der Arzt sagte ihr, sie müsse das Kortison bis zu diesem Eingriff absetzen, da das Testergebnis sonst beeinflusst würde. Schon am nächsten Tag wurden die Schmerzen wieder unerträglich und der Arzt sagte ihr am Telefon, sie müsse das Decortin wieder einnehmen. Wegen diesen schweren Schmerzen wies er sie gleich am nächsten Tag zur Nierenuntersuchung ein, welche dann am darauffolgenden Tag durchgeführt wurde. Zwei Tage später wurde sie wieder entlassen.

Vergangenen Mittwoch ging es ihr körperlich wieder schlechter und sie begab sich ohne Termin in die Rheumaambulanz (der nächste reguläre Termin wäre in etwa zwei Wochen gewesen). Da ihr behandelnder Arzt im Urlaub ist, musste sie sehr lange warten, bis sie von einem anderen untersucht wurde (von 8 bis 14 Uhr). Dieser stellte fest, dass sich die Werte wieder verschlechtert hatten und setze das Kortison nun auf 100 mg hoch. Auch war er der Meinung, dass es gut sei, wenn die medikamentöse Therapie endlich gestartet werden könnte, und rief beim Labor in ... an, um die Ergebnisse der Nierenuntersuchung zu erfahren, doch leider waren diese noch nicht vorhanden. Daraufhin sollte sie heute wieder Urin abgeben und sich erkundigen, ob die Ergebnisse schon da seien, was leider immer noch nicht der Fall war. Es geht ihr körperlich und psychisch sehr schlecht, weil auch das ständige Hin und Her zwischen Krankenhaus und Zuhause und das lange Warten sehr anstrengend ist.

Ich hoffe Sie verzeihen meinen wohl allzu ausführlichen Bericht, aber aus ihm heraus ergeben sich einige wichtige Fragen, die Sie uns vielleicht beantworten können.

1. Wir fragen uns, ob es normal ist, dass es so lange dauert bis die Therapie begonnen werden kann, da sich die Werte seit dem ... kontinuierlich verschlechtert haben. Ist dies die gängige Praxis? Ist eine stationäre Behandlung nicht effektiver und weniger belastend für den Patienten?

2. Die Diagnose des SLE war für meine Verwandte sehr schwer zu verkraften und momentan befindet sie sich verständlicherweise in einem Tief. Von einer befreundeten Ärztin habe ich gehört, dass die Schübe sehr stark psychisch bedingt sind. Müsste man dann nicht einfühlsamer mit den Patienten umgehen, anstatt es ihnen zum Vorwurf zu machen, wenn sie ohne Termin kämen (Schwestern), als seien sie Simulanten?

3. Wird z.B. eine Hirnbeteiligung planmäßig untersucht?

4. Meine Verwandte bat darum, ihre Akte kopieren zu dürfen (das hatte sie in Ihrem Buch gelesen). Daraufhin teilten ihr die Schwestern mit, dass dies nicht gemacht wird. Wie kann man sich in diesem Punkt durchsetzen?

5. Welche Erfahrungen kennen Sie zur Uniklinik in ...? Ist es gut, sich dort behandeln zu lassen oder gibt es bessere Möglichkeiten?

Liebe Frau Maxin! Ich weiß dass ich Sie mit dieser langen Mail vielleicht überstrapaziere und bitte Sie um Verzeihung, aber ich hoffe trotzdem sehr, dass Sie diese Fragen beantworten können!!

Ich wünsche Ihnen für Ihre Gesundheit das Beste und danke Ihnen im Voraus für Ihre Mühen!



Antwort

Vielen Dank für Ihre Mail.

Alle, die sich in Selbsthilfegruppen engagieren, kennen solche schwierige Situationen. Ich selber habe an andere Betroffene auch schon ratsuchend lange Mails geschrieben und finde es gut, dass Sie sich auf diese Weise Hilfe holen.

Zu Ihren Fragen:

1. Manchmal dauert es längere Zeit, unter Umständen mehrere Monate, bis die Diagnose Lupus erythematodes umfassend abgeklärt ist und die richtige Therapie eingeleitet wird. Zum einen gibt es manchmal Probleme mit der medizinischen Versorgung, den Terminen usw., zum anderen ist es nicht selten so wie bei ihrer Verwandten, dass man sich als Patientin für eine Behandlung noch nicht entscheiden will oder kann.
Die Praxis sieht so aus, dass die Diagnose LE von ganz unterschiedlichen Ärzten gestellt wird, angefangen vom niedergelassenen Allgemeinmediziner und Internisten über kleine Allgemeinkrankenhäuser bis hin eben zur Rheuma- und Uniklinik. Einen stationären Aufenthalt halte ich um eine systematische Diagnostik durchzuführen und den Beginn der Behandlung einzuleiten, gerade bei sich abzeichnender Nierenbeteiligung, für besser als die ambulante Betreuung. Dies kann am besten in einer Uni-Klinik mit rheumatologischer oder nephrologischer (Nieren-)Abteilung oder in einer Rheumaklinik erfolgen. Nicht jede Rheuma- oder Uniklinik ist jedoch auf LE spezialisiert. Um eine möglichst gute Betreuung zu erhalten, ist es sinnvoll, eine Klink aufzusuchen, die sich mit LE gut auskennt.

2. Wir sind alle Menschen und auch die Ärzte, Schwestern und Pfleger im Krankenhaus haben ihren Stress und stehen unter Zeitdruck. Insofern würde ich über einen vielleicht unpassenden Tonfall beim Behandlungspersonal hinwegsehen, wenn ich als Patientin ohne Termin erscheine. Hauptsache ist, dass in dieser Situation die eingeleiteten Maßnahmen weiterhelfen, wenn nicht, sollte man sich eine andere medizinische Betreuung suchen.

3. Eine Beteiligung des Zentralnervensystems sollte im Rahmen der Erstuntersuchungen bei Verdacht auf systemischen Lupus erythematodes meiner Meinung nach immer abgeklärt werden. Sehr häufig geschieht dies allerdings nicht. Sie können die behandelnden Ärzte aber darauf ansprechen.

4. Gegenwärtig haben Patienten ein Recht auf eine Kopie ihrer "objektivierbaren" medizinischen Befunde, also zum Beispiel von Laborwerten, Ultraschalluntersuchungen usw. Diese Kopien werden von der behandelnden Stelle angefertigt, also von der Arztpraxis oder dem Krankenhaus. Ein Recht auf Herausgabe von Arztbefunden, um sich selber davon Kopien zu machen, haben wir Patienten - meiner Meinung nach aus verständlichen Gründen - nicht.
Wenn Sie in der Ambulanz der Uni-Klinik um Kopien der Arztbefunde bitten, werden Sie dort sicherlich Kopien bekommen. Wenn nicht, würde ich einen Brief an das Krankenhaus schreiben mit einer Fristsetzung, zum Beispiel von vier Wochen. Soviel Zeit müssen Sie der behandelnden Stelle lassen, um Ihre Anfrage zu beantworten.

5. Mir ist nicht bekannt, dass die Uniklink in ... besonders auf LE spezialisiert ist. Sicherlich ist die Rheumaklinik in ... für die Abklärung von Kollagenosen und die Einleitung einer Behandlung zu empfehlen. Ansonsten würde ich mich nach ... an die Uni-Klinik wenden und eine längere Fahrtzeit evtl. in Kauf nehmen.

Viele Grüße und alles Gute für Ihre Verwandte

D. Maxin



2.2.2002

Zwei Monate später kam die Betroffene in die LE-Selbsthilfegruppe und berichtete, dass sie in der empfohlenen Uni-Klinik wegen Lupus-Nephritis Stadium IV nunmehr mit Endoxanstoßtherapie behandelt wird. Die Krankenunterlagen wurden ihr bis heute leider nicht zugeschickt.



Alle Rechte vorbehalten.
© 2001, Dorothea Maxin, Darmstadt


Dies ist ein Erfahrungsbericht. Medizinische Informationen auf dieser Website stellen keine Empfehlungen dar und sind kein Ersatz für eine professionelle medizinische Versorgung. Bei gesundheitlichen Problemen sollte immer ein Arzt konsultiert werden.


(Diese Seite wurde am 17.2.2024 aktualisiert.)


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